Rouiller und Halter räumen in Hittnau ab

Doppelsieg bei den Frauen, Rang 1 und 3 bei den Männern: Die Schweizer Ausbeute bei den Radquer-Rennen von Hittnau kann sich sehen lassen. Bei besten Verhältnissen zeigten sowohl Fahrer und Fahrerinnen als auch Organisatoren zufriedene Gesichter. Gegen 300 Teilnehmende profitierten von der Startmöglichkeit im Zürcher Oberland.

Text: Christoph Boog ¦ Photos: Nino Fahrni

Übersicht aller Resultate

Der Schlosshügel ist unverzichtbarer Bestandteil des Hittnauer Radquers. Obschon bereits unzählige Male befahren, bietet er immer noch Potential für Abwechslung. So wurde dieser Streckenabschnitt für die aktuelle Austragung neu konzipiert: Nach der Abfahrt gleich wieder den berüchtigten Fuss-Aufstieg hoch. Ein Schlosshügel-Konzentrat sozusagen, das sich im Verlauf der Rennen als äusserst selektiv herausstellen sollte.

«Die neue Streckenführung ist durchwegs auf positives Echo gestossen. Bei den Fahrern, genauso wie beim Publikum», bilanziert OK-Präsident Thomas Frei. «Zwar anders, aber sicher nicht weniger streng als die bisherige Variante!» Ganz generell sei der Anlass gelungen. «Dass dieser nicht mehr unter der EKZ-Schirmherrschaft durchgeführt wurde, hat für das OK im Vorfeld einiges an Mehraufwand bedeutet. Das Publikum dürfte die Änderung aber kaum wahrgenommen haben.» Dass letzteres weniger zahlreich erschien aus auch schon, sei durchaus gewollt. Angesichts der Covid-Lage habe man im Vorfeld bewusst nur zurückhaltend Werbung betrieben. Was für Frei zählt: «Wer kam, war zufrieden.»

Spektakel bis zur letzten Sekunde
Spektakel pur mit Hochspannung bis zur letzten Sekunde: So lässt sich das Hauptrennen der Männer zusammenfassen. Als Favoriten aus Schweizer Sicht werden Timon Rüegg und Loris Rouiller gehandelt – und sie reihen sich gleich zu Rennbeginn vorne im grossen Feld ein. Bereits in der ersten Schlosshügel-Abfahrt wählt Rouiller die kompromisslose Kampflinie und bringt sich damit in Front.
Nach der ersten der insgesamt 11 Runden hat sich eine siebenköpfige Spitzengruppe leicht abgesetzt. Neben Rüegg und Rouiller auch mit dabei: Dario Lillo. Für die kommenden neun Runden dominiert diese Gruppe das Renngeschehen in immer wieder wechselnder Zusammensetzung: Löcher tun sich auf und werden wieder zugefahren, die Gruppe ist mal vier, mal sieben Fahrer stark, es wird attackiert und taktiert. Immer ganz vorne mit dabei ist neben den drei Schweizern der Italiener Gioele Bertolini, auch er ein klarer Podestanwärter.
Das grösste Spektakel bietet jedoch einer, von dem man dies nicht unbedingt erwartet hätte: Der australische, in Freiburg im Breisgau wohnhafte Strassenprofi Heinrich Haussler. Dass seine Kernkompetenz nicht im technischen Gelände liegt, offenbart sich bei jeder Schlosshügel-Abfahrt gnadenlos. Ebenso gnadenlos ist aber auch seine Power, mit der er auf den flachen Wiesenabschnitten jedes zuvor entstandene Loch scheinbar mühelos wieder zufährt und sich mit Vorliebe gleich auch aus dem Staub macht. Mit dieser Taktik führt er die Spitzengruppe in die zweitletzte Runde.
Die letzte Runde nimmt die Spitze als Quintett in Angriff, bestehend aus Haussler, Rüegg, Rouiller, Bertolini und Lillo. Haussler sprengt die Gruppe mit einer seiner Attacken, Rouiller spielt in der Schlosshügel-Abfahrt seine Trümpfe aus und erreicht schliesslich das Ziel solo. Dahinter liefern sich Lillo und Bertolini einen Kampf auf dem Zahnfleisch, den der Italiener erst im Sprint auf der Zielgeraden für sich entscheiden kann.
Dass es ein sehr taktisches Rennen war, bestätigt der Drittplatzierte Dario Lillo nach der Siegerehrung. «Ich hatte vor dem Start kein besonders gutes Gefühl. Ich merkte aber bald, dass Bertolini und Rouiller die stärksten Fahrer waren, und habe mein Rennen deshalb nach ihnen ausgerichtet. Das hat sich ausbezahlt». Die neue Streckenführung mache das Rennen schneller, Windschatten – und damit eine kluge Taktik – sei wichtiger als üblich. Das habe die immer wieder erfolgten Zusammenschlüsse erst möglich gemacht. «Besonders hart war jeweils die Auffahrt zum Schlosshügel, weil vor dem Singletrail jeder vorne sein will. Aber wenn du dann in der Abfahrt einen Fehler machst, so kannst du ihn in der unmittelbar folgenden Laufpassage wieder ausbügeln!»

Halter und Barhoumi: Schweizerinnen realisieren Doppelsieg
Einen guten Start aus dem rund 30 Frauen starken Feld erwischt Lara Krähenmann, die nach der Startschlaufe hinter Rebecca Gariboldi (ITA) als Zweite auftaucht. Allerdings werden die Karten bald neu gemischt, und ein Quartett mit Gariboldi, den beiden Schweizerinnen Zina Barhoumi und Monique Halter sowie Federica Venturelli (ITA) setzt sich zu Beginn der zweiten Runde ab. Es folgt umgehend ein Angriff von Barhoumi, den vorerst nur die Juniorin Halter kontern kann. Später jedoch dreht das Quartett wieder mehr oder weniger geschlossen seine Runden: Zwei Schweizerinnen vor den beiden Italienerinnen. Wobei die Schweizerinnen zunehmend etwas Distanz zu ihren Widersacherinnen schaffen können.
Das bleibt so bis zur Rennhälfte, dann startet Gariboldi eine Aufholjagd, und ihre Landfrau kann die Pace nicht mehr mitgehen. Aber es wird zäh für Gariboldi, denn Halter erhöht an der Spitze ihrerseits das Tempo – und die Italienerin kann kaum mehr eine Sekunde gutmachen. So gehen die beiden Schweizerinnen allein in die letzte Runde. Im letzten Aufstieg zum Schlosshügel gelingt es Halter, einige Meter zwischen sich und Barhoumi zu legen und den Vorsprung bis ins Ziel zu verteidigen. Das Resultat: Ein grossartiger Schweizer Doppelsieg, ergänzt auf dem Podest durch die Italienerin Gariboldi.

Souveräner Christen bei den Junioren
International sehr stark besetzt ist das Rennen der Junioren. Die erste Runde absolviert das Feld der rund 20 Athleten noch sehr kompakt. In Front präsentiert sich Schweizer Meister Jan Christen, in dieser Saison bereits Sieger in Illnau. An seiner Führung kann auch ein Sturz bei der ersten Passage der Brunox-Hürden nichts ändern. Im Verlauf des weiteren Rennens über insgesamt 7 Runden zeigt Christen eine souveräne Vorstellung, baut den Vorsprung kontinuierlich aus. Auch wenn er noch zweimal zu Boden geht, fährt er schliesslich als unangefochtener Sieger ins Ziel. Hinter Christen sind die Plätze 2 und 3 heiss umkämpft, nach dem ersten Renndrittel befinden sich sieben Fahrer innerhalb von 10 Sekunden. Nach zuweilen turbulentem Rennverlauf haben Gabin Clerc (FRA) als Zweiter und Benjamin Krüger (GER) als Dritter die Nase vorn.

Russenberger entscheidet Duell gegen Krähenmann für sich
Ein eindrückliches Teilnehmerfeld von gegen 40 Fahrern nimmt das Rennen der Amateure/Masters unter die Räder. Bald etabliert sich Wanja Russenberger in Front, dicht gefolgt von Raphael Krähenmann. In der vierten Runde erfolgt der Zusammenschluss der beiden, das Rennen kann neu beginnen. Hinter den beiden Spitzenfahrern kämpft eine lose, in die Länge gezogene Gruppe um die weiteren Plätze. In der viertletzten Runde attackiert Krähenmann und kann sich deutlich von Russenberger absetzen. An dieser Konstellation ändert sich bis Rennschluss nichts mehr. Dahinter tobt der Kampf um Rang 3, den Gabriele Cerato für sich entscheiden kann.

Cross für alle mit VCH-Sieg
Begonnen hatte der Renntag mit der Kategorie Cross für alle. 54 Teilnehmer stehen am Start. Sehr schnell zieht sich das Feld, angeführt von Fabian Obrist vom organisierenden VC Hittnau, in die Länge. Ein Sturzfestival der Spitze in der ersten Schlosshügel-Abfahrt beendet seine Führung allerdings. Dafür profitiert ein anderer VCH-Fahrer: Reto Wälchli liegt nach der ersten Runde in Führung und gibt diese bis ins Ziel nicht mehr preis. Dahinter kämpft Obrist in einer packenden Aufholjagd um einen Podestplatz, den er als Vierter jedoch knapp verfehlt. Michael Senn als siebter vervollständigt die erfreuliche Bilanz des VC Hittnau an seinem Heimrennen.

Klare Sache bei den U17
Nach der ersten halben Runde präsentiert sich das Feld der U17 noch sehr kompakt. Bald formiert sich eine Viererspitze. Sven Wabel (VCH) findet sich nach einem Zwischenfall in einer Verfolgergruppe und versucht, wieder zur Spitze aufzuschliessen, verbraucht dabei allerdings viel Kraft und schafft den Anschluss nicht mehr; am Schluss resultiert Rang 7. Ganz vorn konsolidiert sich die Situation zur Rennhälfte. Micha Alder fährt den Sieg souverän nach Hause, vor Laurin Volkart und Fabry Forlin. Bei den jungen Frauen setzt sich Muriel Furrer schnell unangefochten an die Spitze, dahinter folgen Lucie Gut und Joya Bregg.

U13/U15: Schnellstes Mädchen dominiert die Jungs
Das Rennformat in der Kategorie U13/U15 ist speziell: Die Mädchen starten mit 90 Sekunden Vorsprung auf die Jungs – für diese gilt es, den Rückstand bis ins Ziel wettzumachen. Wird das gelingen? Anja Grossmann gibt die Antwort schnell. Sie büsst pro Runde nur wenige Sekunden von ihrem Vorsprung ein und vermag das Rennen mit einem Vorsprung von knapp einer Minute für sich zu entscheiden. Die schnellsten Jungs – Michele Falciani (ITA) und Ezio Gebell (FRA) – werden auf die Ränge 2 und 3 verwiesen.

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