Leichte Mathematik und leise Hoffnungen

Am Sonntag findet mit dem Radquer Hittnau ein echter Klassiker im Schweizer Cross-Kalender statt. Beim vierten und damit zweitletzten Lauf der Rennserie Swiss Cyclocross Cup stehen Vorentscheidungen in den Gesamtwertungen beim Rennen am Schlosshügel an.

Text: Christian Rocha ¦ Photos: Nino Fahrni

Mit Dario Lillo (Eschenbach) und Elisabeth Brandau (De) gehen zwei klare Leader in Hittnau an den Start. Beide haben mit zwei Siegen und einem zweiten Rang 280 Punkte auf ihrem Konto. Während Lillo 84 Punkte Vorsprung auf Landsmann Gilles Mottiez hat, beträgt die Differenz zwischen Brandau und der zweitplatzierten Freiburgerin Léa Stern 75 Punkte.

Die Ausgangslage und damit die Mathematik sind leicht: Gewinnt Lillo, ist er frühzeitig der Gesamtsieger. Holt sich Brandau ihren dritten Sieg, müsste Stern Zweite werden, damit rein mathematisch der Gesamtsieg noch nicht besiegelt würde. Gerade für Lillo eine spannende Ausgangslage. Denn: „Ich werde das Finale in Dielsdorf in einer Woche nicht bestreiten. Nach einer langen MTB-Saison und nun nach einem Block mit Radquer, ist es Zeit für eine Pause. Es würde mich freuen, wenn ich den Gesamtsieg auch mit nur vier Rennen frühzeitig am Sonntag holen könnte“, erklärt der EM-Elfte Lillo.

Konkurrenz aus dem eigenen Land

Für Lillo kommt die grösste Konkurrenz in Hittnau aus dem eigenen Land: Loris Rouiller, der Gesamtzweite Gilles Mottiez oder der U23-MTB-Europameister Finn Treudler gehören zu den Mitfavoriten. Die ausländische Konkurrenz ist wegen gleichzeitig stattfindenden Rennen in Frankreich, Italien, Belgien und Holland eher bescheiden. Der Franzose Théo Thomas oder der ehemalige Deutsche Meister Sascha Weber gehören nur zum erweiterten Favoritenkreise.

Bei den Frauen ist Brandau die Topfavoritin. In der Gesamtwertung gibt es zwischen Léa Stern und Lara Krähemann ein spannendes Duell um den zweiten Rang. Mit den beiden Französinnen Perrine Clauzel und Marlene Petitgirard und der Luzernerin Rebekka Estermann, die vor zwei Wochen ihr Radquer-Comeback von Mettmenstetten nach Hittnau verschieben musste, gibt es ein Sextett, das um die Podestplätze kämpfen wird.

Hoffnung auf bessere Zeiten

Rein rechnerisch werden in Hittnau also keine grossen mathematischen Fähigkeiten gefragt sein. Vielmehr schwingt aber beim Radquerklassiker im Zürcher Oberland auch leise Hoffnung mit – Hoffnung auf bessere Zeiten im Schweizer Radquersport. Der VC Hittnau, als Traditionsveranstalter, erlebte wie kaum ein anderer Verein die Höhen und Tiefen des Radquersports. Und obwohl bereits mehr als 300 Fahrerinnen und Fahrer für den Sonntag angemeldet sind, gibt es düstere Wolken über dem Schweizer Radquerhimmel.

Seit dem Ende der EKZ CrossTour, der Rennserie, welche zwischen 2014 und 2021 für einen massiven Aufschwung im Sport gesorgt hat und der VC Hittnau dabei eine der treibenden Kräfte war, hat der Radquersport gelitten. Weniger Sponsoren, weniger Rennen, weniger Teilnehmende und weniger Schweizerinnen und Schweizer, welche auf den Radquersport setzen.

Kein wirkliches Programm mehr

Es ist kein Geheimnis, dass es aktuell bei den Männern nur eine handvoll Schweizer Crossspezialisten gibt – bei den Frauen gar keine! Dazu kommt, dass der Verband Swiss Cycling seit der Heim-WM in Dübendorf das Budget des Nationalteams mehrfach, massiv, zusammengestrichen hat. Dies hat Auswirkungen besonders auf die Beschickung von Weltcups, welche nun nur noch aus Eigeninitiative von Fahrerinnen und Fahrern bestritten werden können. Die Hürde in den Crosssport einzusteigen und zu investieren ist für junge Fahrerinnen und Fahrer massiv gestiegen.

Dabei wäre genau die Zeit, welche in den Sport investiert werden sollte. International dominieren auf der Strasse, wie auch auf dem Mountainbike, immer wieder Fahrerinnen und Fahrer, welche ihre Ausbildung im Crosssport durchlebt haben. Ein Sport der neben Technik auch Kraft, Explosivität und Stehvermögen abverlangt. Zudem gibt es das starke Gerücht, dass Radquer ab 2030 Teil der Olympischen Winterspiele sein sollte. So kommt es dem Schweizer Radquersport gelegen, dass am vergangenen Sonntag die U19-Fahrerin Anja Grossmann (Rickenbach, LU) den EM-Titel gewann – der erste Schweizer EM-Titel seit 2017. Damals gewann Loris Rouiller in der U19-Kategorie. Es ist ein leiser Moment der Hoffnung, auf bessere Zeiten des Schweizer Radquersports.

Startlisten Swiss Cyclocross Cup #4, Hittnau

Gesamtwertung Swiss Cyclocross Cup

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